Ich landete mal wieder für ein paar Tage in Cluj und es ging über Medias und Bukarest in die Berge in der Nähe von Zarnesti. Nach einer Bergtour und Wanderungen im hügeligen Land ging es dann weiter über Sibiu und das verrückte Salzbergwerk Salina Turda zurück nach Cluj.Einen richtigen Reiseplan hatte ich wie so oft nicht im Gepäck. Alles sollte irgendwie spontan geschehen. Ich wollte ein paar Freunde treffen und mit denen ein bisschen Spaß haben, etwas Neues im Land entdecken, selbstgebrannten Pflaumenschnaps trinken, das noch schöne sonnige Herbstwetter genießen und ja einfach ein bisschen in der Natur entspannen.
Der Zufall spielte während meiner Reise eine große Rolle. So traf ich meinen Freund Toni mal wieder in Cluj. Der hatte mittlerweile sein Haus in der Nähe von Medias gekauft und wollte gerade einziehen. Okay warum nicht sein erster Gast im Haus sein. So fuhren wir in seinem Dorf und ich lernte ein paar seiner neuen Freunde kennen. Er wollte dann nach ein paar Tagen weiter nach Bukarest um Teile seines Umzuges zu fahren. Okay dann fahre ich mit nach Bukarest. Nach ein paar schönen wilden Tagen in der Hauptstadt ging es dann so weiter.
Mein Freund Olli rief mich zufällig an und erzählte, dass er gerade auf seinem Bauernhof in der Nähe von Poiana Marului sein. Also ab nach Siebenbürgen in die Berge. Poiana liegt etwa 30 Kilometer von Brasov entfernt im Südosten Siebenbürgens. Freunde von mir haben sich hier vor vielen Jahren Land gekauft oder besser gesagt einen ganzen Hügel mit grandioser Aussicht. Das Piatra-Craiului-Gebirge liegt vor den Füßen und die Blicke auf das Fagaras-Gebirge und die Bucegi-Berge sind fantastisch von dort.
So bestieg ich in Bukarest den Zug nach Brasov um dort nur umzusteigen und weiter in Richtung Zarnesti zu fahren. Meine verrückten Freunde hatten gerade ihre Gehöfte auf dem „Hausberg“ verlassen um ein paar Sachen einzukaufen. Das passte und sie holten mich irgendwo kurz vor Zarnesti ab. Sie wollten die ehemalige Nachbarin von ihrem Berg besuchen, die mittlerweile bei einem ihrer Söhne in einem Dorf im Tal wohnt. Da kam doch gleich wieder Freude auf. Geschichten aus früheren Besuchen werden aufgewärmt und wir haben viel zu lachen. Ein schönes Wiedersehen bei bester rumänischer Gastfreundschaft, wir werden vollgestopft mit bestem Essen und an den Getränken soll es auch nicht mangeln. Bester selbstgebrannter Tuica steht auf dem Tisch, dazu Kaffee und Bier im Wechsel. Ein Nein wird nicht akzeptiert. So kenne und liebe ich das Land.
Irgendwie erreichen wir dann am Abend den „Hausberg“ auf dem sie ihre Bauernhöfe haben. Ich liebe diese Gegend hier und war daher schon oft zu Besuch. Wahrscheinlich gibt es keinen Platz außerhalb von Deutschlands an dem ich öfter war.
Die grüne hügelige Landschaft, die Wälder, die blühenden Wiesen, die unzähligen Obstbäume und dazu die hohen Gipfel der Karpaten in der Ferne, die Menschen, die Ruhe und die gute Luft-einfach alles wunderschön. Hier kann ich einfach tagelang herumwandern und die Natur genießen. Einfach auf einer Wiese liegen, die Düfte der Blumen, Kräuter, Gräser genießen, immer wieder die Berge bestaunen und natürlich Tuica trinken. So vergehen die Tage wieder wie im Flug.
Eines Abends beschließen wir, wahrscheinlich nach dem Genuss von zu viel Tuica, mal wieder eine richtige Bergwanderung zu unternehmen. Das Piatra Craiului Massiv bzw. seine Umgebung strahlen uns schon seit Tagen an. Das auch Königstein genannte Gebirge mit seinem Nationalpark sollte unser Ziel sein.
Der Nationalpark Piatra Craiului in Zentralrumänien beherbergt einen der beeindruckendsten und mächtigsten Gebirgskämme Europas. Die Landschaft aus unberührten Wäldern und schroffem Kalkstein, in den Wind und Wasser über die Jahrmillionen Höhlen, Steilwände, Zacken und Bögen geformt haben ist spektakulär. Die außergewöhnliche Landschaft ließ zwischen den imposanten Gebirgsformationen eine ebenso außergewöhnliche Tier- und Pflanzenwelt entstehen, die hervorragend mit diesem Lebensraum zurechtkommt. In den Wäldern des Nationalparks leben stark gefährdete Tierarten, wie Braunbären, Wölfe und Luchse. Die spektakulären Kalksteinformationen mit ihrer außergewöhnlichen Vielfalt von Flora und Fauna zählen zu den schönsten Naturregionen der Karpaten. Mit 2.238 Metern Höhe ist der La Om der höchste Berg im Nationalpark Piatra Craiului.
Die Sehenswürdigkeiten des Nationalparks und seine atemberaubenden Panoramen können auf vielen Wanderwegen erkundet werden.
Vor Jahren war ich schon einmal mit Olli und seinen Jungs hier unterwegs. Diesmal wollten wir eine Tour zu dritt starten. Mein Freund Henne hatte keinen Bock aber seine Frau wollte Olli und mich begleiten. Früh am Morgen machten wir uns auf den Weg in Richtung Piatra. Wir wollten natürlich einen für uns neuen Wanderpfad wählen, aber einen richtigen Plan hatten wir nicht. Von der anderen Seite des Gebirgskammes wollten wir unser Glück versuchen.
An einer der Informationstafeln suchten wir nach einer Route. Schon waren wir unterwegs in den unendlich erscheinenden Wäldern. Es ging gefühlt immer bergauf und zwischen den Bäumen zeigten sich die beeindruckenden Kalksteinformationen. Im Laufe der Zeit schwanden nicht nur unsere Kräfte, sondern auch die Bäume. Steilwände bauten sich vor uns auf, die Wege wurden steiler und rutschiger aber die Aussichten immer besser. Herrliche Panoramen auf die dichten Wälder unter uns und den mächtigen Gebirgskamm über uns konnten wir bewundern. Auf unserem Wanderpfad war nun gute Trittsicherheit und Schwindelfreiheit angesagt. Wir hatten Glück mit dem Wetter aber je höher wir kamen umso kühler und windiger wurde es. Irgendwann machten sich dann unsere Knie bemerkbar. Wir entschieden nicht weiter nach oben auf den Kamm zu klettern bzw. den zu überqueren. Wir genossen stattdessen die schöne Tour weiter auf unserer Seite des Bergmassivs. Obwohl wir nicht mal bis zum Kamm oder einen der Gipfel gelaufen sind, waren wir total erschöpft bei unserer Rückkehr auf den Hausberg und der Muskelkater quälte uns noch Tage danach.
Irgendwann kam dann die Zeit den Berg meiner Freunde zu verlassen. Wie schon in den letzten Wochen sollte ich auch wieder Glück haben bei der Weiterreise. Mein Freund Olli wollte zurück nach Deutschland fahren und ich beschloss bis nach Sibiu mitzufahren.
Sibiu (Hermannstadt) ist auch eine dieser Perlen Siebenbürgens. Die Altstadt liegt auf einem kleinen Hügel, die früher mit einer massiven Mauer und Wehrtürmen geschützt wurde. Ein Teil dieser Befestigungsanlage ist noch heute zu sehen. Das historische Zentrum ist einfach schön und man fühlt sich ins Mittelalter versetzt. Kirchen, Türme, farbenfrohe Häuser, verschlungene Gassen und prachtvolle Plätze überall. Von den Dächern der Häuser scheinen einen tausende von Augen zu beobachten. Die häufig abgerundeten Vordächer und kleinen Scheiben sehen aus wie Augen, die alles beobachten. Sie beschützen die Stadt und die Menschen – sagt man.
Vor vielen Jahren war ich schon einmal ein paar Tage in Sibiu. Für meinen Geschmack wurde seitdem ein wenig zu viel saniert in der Altstadt. Aber ich finde noch viele Ecken mit Charme.
Dafür hatte ich die Stadt gefühlt für mich alleine, das hängt wohl mit dem Corona-Wahnsinn zusammen. Es sind kaum Touristen unterwegs und das sollte ich an meinem nächsten Ziel auch erleben.
Mein Rückflug sollte wieder von Cluj aus gehen und ca. 30 Kilometer entfernt liegt ein sehr ungewöhnlicher Ort.
Salina Turda sollte mein letzter Stopp auf dieser Reise sein. Ein ehemaliges Salzbergwerk, das mittlerweile den tiefsten Freizeitpark der Welt beherbergt. Es ist eine schräge Mischung aus einem Museum über die Geschichte des Salzabbaus, einem Freizeitpark und irgendwie auch einem Kurort. Für jeden ist etwas dabei. Die Mine stammt aus dem 17. Jahrhundert und machte die Stadt Turda wohlhabend.
Jetzt bekommt man in 120 Metern Tiefe, einen leuchtenden Vergnügungspark geboten. Man baute ein kleines Riesenrad, Bowlingbahn, Minigolfanlage und eine Theaterbühne auf. Dazu kommen ein paar Tischtennisplatten und Billardtische. Außerdem sorgen Restaurants für das leibliche Wohl. Auf einen kleinen Salzsee, eine Ebene tiefer, kann man Boote mieten und seine Runden auf dem See drehen. Ja das alles in einem Bergwerk-das ist irre.
Trotz des schrägen Vergnügungsparks fühlt man sich schon noch wie in einem Bergwerk. Alte Bergwerksinstrumente, die schmalen Gänge, die Wände mit ihren Abbauspuren und überall der Salzfilm, ob auf den Geländern und Stufen oder an den Wänden und Decken. Dazu befindet man sich tief unter der Erde und es ist recht kühl. Der Museumsteil des Bergwerks ist sehr informativ, da sehr viel über den Salzabbau erklärt wird.
Der Kureffekt ist natürlich auch nicht zu unterschätzen, die Luft wirkt sich gut auf die Atemwege aus. Einfach hinsetzen und genießen.
Das Ganze hier unten im Berg ist so surreal. In was für einem Film bin ich gelandet?
Zu der Zeit als ich Salina Turda besuchte, war alles offen trotz Corona aber es gab es so gut wie keine Besucher. Ich hatte das riesige „Bergwerk“ fast für mich alleine.
Ein kurzer Herbst-Trip nach Rumänien
20 Dienstag Okt 2020
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