Iran-Was geht einem da nicht alles durch den Kopf? Die Achse des Bösen-Die Gefahr für den Weltfrieden. Das hat sich vor allem in den westlichen Köpfen festgesetzt. Bei uns bekommt man ja hauptsächlich mit, dass im Iran Menschen verschwinden, das sogenannte Sittenwächter durch die Straßen ziehen und es ein Atomprogramm gibt.Aber man denkt auch sofort an den orientalischen Zauber aus Tausend und eine Nacht. Iran-Persien die Heimat einer der ältesten Kulturen der Welt ist unglaublich vielfältig. Das Land und die Menschen können einen verzaubern. Ich habe so viel Schönes fast schon Märchenhaftes erlebt und gesehen. Städte wie z.B. Isfahan und Yazd strahlen die Schönheit des persischen Reiches aus. Persische Ruinen, prächtige von wunderschönen Mosaiken gezeichnete Moscheen, großartige Paläste und Festungen, prachtvolle Gärten, geschäftige Basare- die scheinbar kein Ende haben, dazu hohe Berge, herrliche Wüstenlandschaften, einsame Salzseen und die nie enden wollenden Sandmeere immer wieder. Dazu die Menschen mit ihrer fast schon erdrückenden Herzlichkeit und Gastfreundschaft.Iran widerspricht den westlichen Klischees. Nicht überall lauern die Mullahs und stehen Atomanlagen und viele Iraner haben wahrscheinlich noch nie den Koran gelesen. Wir sehen und beurteilen das Land nach seiner Fassade nicht nach seinem Inneren. Die Menschen hier stehen für das Land und nicht die religiöse und politische Führung.
Der Iran ist eines der spannendsten und schönsten Länder die ich bereist habe. Er ist nebenbei wohl einer der modernsten Staaten in der Region mit einer ausgezeichneten Infrastruktur. Die Menschen haben einen hohen Bildungsstand und seine Kultur ist faszinierend.
Ich bin es ja gewöhnt, dass man mich manchmal schräg anschaut bei meinen Reisezielen aber hier musste ich einige Diskussionen überstehen. Einige doch wirklich weltoffene Freunde konnten nicht verstehen was ich dort will.
Tourismus fördert immer auch den Wandel. Reisen ist daher sicherlich immer einer der beste Weg um Vorurteile zu hinterfragen und abzubauen. Die Menschen allein zu lassen mit einem Regime, ist nicht die Lösung. Ich achte schon darauf, wo und bei wem ich mein Geld ausgebe. So kann man die Einheimischen fördern und nur das Nötigste dem System geben.Ich habe in den letzten Jahren beim Reisen mehrfach Bekanntschaft mit Persern und Iran-Reisenden gemacht. Aber vor allem nach meiner Armenienreise im letzten Jahr war klar, da muss ich hin. Dort habe ich so viele tolle Perser kennengelernt und wurde so richtig neugierig.Ich bin vor vielen Jahren, Mitte der 90er Jahre, auf dem Weg nach Indien schon einmal durch den Iran gereist. Das ist lange her und vieles sollte sich, in meinen Augen, zum Positiven verändert haben. Schon damals war ich aber von der Herzlichkeit, Neugier und Gastfreundschaft der Menschen angetan.
Ich hatte damals nur ein Transitvisum für wenige Tage erhalten und so konnte ich mich nicht wirklich auf das Land einlassen. Ich verbrachte daher leider die meiste Zeit in irgendwelchen Transportmitteln. Vor allem ist mir unheimlich viel Militär-und Polizeipräsenz in Erinnerung geblieben. Schon bei der Einreise aus der Türkei kommend verbrachten wir sehr viele Stunden an der Grenze. Der türkische Bus wurde fast in seine Einzelteile zerlegt auf der Suche nach verbotenen Waren. Jeder noch so kleine Hohlraum wurde untersucht. Man suchte nach „westlicher“ Musik, Zeitschriften und T-Shirts/Kleidung. Selbst türkische Musikkassetten wurden beschlagnahmt. Aber vor allem suchte man nach Alkohol. Der Genuss von Alkohol ist strengstens verboten und es drohen empfindliche Strafen. Im Land sollte es nicht vorbei sein mit den Polizei-Checkpoints. Gefühlt gab es alle 50 Kilometer eine Kontrolle. Polizisten kamen in den Bus, alle mussten aussteigen und der Bus und das Gepäck wurden auf ein Neues durchsucht. Nur meine Sachen wurden nie angefasst. So konnte ich damals auch für ein paar Iraner Musiktapes und Shirts ins Land bringen. Allein für das kurze Transitvisum musste ich in den 90er Jahren viele Wochen warten. Diesmal bin ich in Teheran gelandet und ca. 30 Minuten später hatte ich mein Visum im Pass. Kontrollen sollte ich diesmal auf meinen Fahrten durch das Land in den paar Wochen überhaupt nicht erleben.
Damit es hier nicht zu Missverständnissen kommt. Die religiöse Führung im Iran ist ein undemokratisches Regime und enthält den Menschen grundsätzliche Freiheiten. Als ich Pläne schmiedete den Iran zu bereisen, da war mir bewusst, auf was ich mich einlasse.
Da gibt es schon vor allem antiamerikanische Propaganda in der Öffentlichkeit. Man bekommt davon aber nicht so viel mit, wenn man sie nicht gezielt sucht. Ich ging auf die Suche. Ich konnte in Teheran an Wänden „Down with USA“  und  die „iranische Version der Nationalflagge der USA“ als Wandgemälde sehen. Aber genauso erzählt mir jeder zweite Mensch, dass er gerne in die USA gehen würde. Die konservativ-religiöse Politik des Landes ist auch für viele Einheimische ein Problem. Hass auf Amerika oder den Westen habe ich nicht gespürt, sondern vielmehr Hass auf die eigene Regierung. Die Iraner sind enttäuscht von der eigenen Führung, die sich nicht gegen die Revolutionswächter durchsetzen kann.
Das Reisen durch den Iran ist das Reisen durch eine Welt der Widersprüche. Das Land verbietet seinen Menschen die Genüsse des Lebens und ist doch so schön.
Als Reisender wird man schnell zu einer bis vielen Tassen Tee und damit zu unzähligen Gesprächen eingeladen. Hier sagt man mir oft ungefragt, was sie über ihre Führer denken: „Wir haben das Mullah-Regime satt und sind ganz anders, als ihr im Westen glaubt.“Es macht ungeachtet des Willens der Mächtigen gefühlt jeder alles. Es gibt ein privates Leben im Gegensatz zum öffentlichen Leben. Die Freiheit leben sie in den eigenen vier Wänden aus. Es entstehen in den Wohnungen oft Parallelgesellschaften zum öffentlichen Leben. Die Menschen kennen die Probleme in ihrem Land und sprechen offen über Politik und Gesellschaft. Das klingt erst mal für uns selbstverständlich, ist es in der Wirklichkeit nicht. Wenn man sich öffentlich negativ über die Regierung äußert, dann drohen lange Haftstrafen. Diese privaten Rückzugsräume dienen den Menschen auch für die Genüsse des Lebens. Obwohl Alkohol verboten ist wird von Bier über Wein und Schnaps alles in den eigenen vier Wänden hergestellt und konsumiert. Da es im ganzen Land keine Bars und Clubs gibt, und damit kein öffentliches Nachtleben existiert, findet dies meist auf ihren Hauspartys statt. Es zieht die Menschen auch in entlegene Ecken, wie z.B. in die Wüste, um ihre Bedürfnisse nach Musik, Tanz, Alkohol und Drogen zu befriedigen. Der große Kontrast zwischen dem strengreligiösen öffentlichen Leben und der privaten Freiheit überrascht mich immer wieder im Land. Religion, wie ich es erleben durfte, spielt im privaten Leben eine eher untergeordnete Rolle.Die größten Probleme der Menschen gehen einher mit der schwachen Wirtschaft des Landes. Es fehlt Arbeit für Millionen gut ausgebildeter Menschen. Die Geldentwertung und Inflation lässt die Menschen verarmen. Es ist für die Iraner eine Katastrophe und sie werden um ihren Wohlstand und die Zukunft gebracht.
Für mich als Reisenden mit Euros in der Tasche ist alles einfach. Ich kann mein Geld auf dem Schwarzmarkt, der überall existiert, tauschen und bekomme fast das Doppelte des offiziellen Kurses. Aber die Einheimischen haben viel zu leiden.
Somit trifft jeder Boykott des Landes auch immer die einfachen Menschen. Beim Thema Boykott des Iran durch die USA wurde ich immer wieder überrascht. Marken wie Coca Cola und Co sind ebenso wie Marlboro und… überall erhältlich.
Die Kleidungsvorschriften des Landes sind sehr strikt und gelten ebenso für Touristen. Schon bei der Einreise müssen Frauen ein Kopftuch tragen. Auch Mann muss eine lange Hose tragen. Zuviel menschliche Haut ist nicht erwünscht. Dies ändert sich aber schnell sobald man den öffentlichen Raum verlassen hat. Die Stellung der Frau ist im Iran, entgegen aller Vorurteile, sehr viel besser als in vielen anderen Ländern dieser Region, aber von Gleichberechtigung kann man trotzdem nicht sprechen. Frauen sind überall im öffentlichen Leben präsent. Gerade viele junge Frauen begehren heute gegen noch sehr strikte Regeln auf. Viele Frauen tragen modische kurze Kleider und Mäntel über ihren Jeans. Bunte Kopftücher, Markenklamotten und Schminke sind ihre Waffen im Kampf gegen das System. Man kann beobachten wie die Kopftücher dann Stück für Stück in Richtung Haaransatz wandern. Es wird immer mehr gezeigt als erlaubt.Dabei ist der Unterschied zwischen Stadt und Land noch deutlich sichtbar. Auf dem Land hat das traditionelle islamische Rollenbild noch weitgehende Gültigkeit. Hier dominiert der Tschador, der Ganzkörperschleier, das Straßenbild. In den großen Städten dagegen hat sich dieses Rollenbild zum Teil verschoben. Hier reicht im Alltag der Hidschab bzw. ein normales Kopftuch.
Die ehrliche Herzlichkeit, Offenheit und Gastfreundschaft war unbeschreiblich. Das erlebe ich schon oft auf Reisen aber hier hat dies Dimensionen angenommen, die schwer zu beschreiben sind. Dazu muss man den Tarof erklären.
Eine große Rolle im Leben des Irans spielen Höflichkeitsfloskeln. Der Tarof, das rituelle Anbieten und Ablehnen von Geld, Essen, Geschenken und sonstigen Einladungen. Es passiert oft, dass der Taxifahrer, Händler oder Restaurantbesitzer die Bezahlung zunächst ablehnt. Man besteht dann darauf zu bezahlen und es wird wieder abgelehnt und das Ganze geht dann hin und her. Man sollte jede Einladung mindestens drei Mal ablehnen. Die Iraner wollen damit nur Ihre Höflichkeit beweisen. Dieses Ritual findet man sehr oft im Alltag der Menschen. Für uns Reisende ist das erst mal verwirrend wenn man es nicht kennt. Oft hat der Einladende gar nicht die Mittel uns einzuladen aber um sein Gesicht zu wahren muss er diese Spielchen machen. Schon durch dieses Spiel kommt man den Menschen schnell sehr nah. Meist sollte ich auch nach mehrmaligem Ablehnen immer noch eingeladen werden. Die Menschen freuen sich einfach über das Interesse an ihrem Land bzw. an Ihnen und wollen etwas zurückgeben. Natürlich spielt auch die Neugier eine Rolle-woher komme ich, was mache ich, wie ist das Leben in meiner Heimat und….
Viele Dinge sollten während der Reise durch das Land offener freier sein als ich es mir vorher vorstellen konnte.
Ich war sehr überrascht über das relativ freie Internet. Ich muss dazu sagen, dass ich vorher keine Vorstellung hatte inwieweit ich was nutzen kann. Direkt am Flughafen habe ich mir für ein paar Euros eine SIM-Karte für 30 Tage geholt. Mehrere GB Internet und nationale Telefongespräche sollten damit abgedeckt sein. Im Laufe meiner Reise war ich somit nicht auf irgendwelche freien WLAN-Netze angewiesen. Für meinen E-Mail-Account musste ich mir einen VPN herunterladen, da ich sonst keinen Zugriff hatte. Aber jede andere Seite, die ich so nutze hat auch ohne funktioniert. Mir wurde gesagt, dass zum Beispiel Facebook, so etwas nutze ich nicht, geblockt wird. Im Iran, wie mittlerweile gefühlt auf der ganzen Welt, ist das Nutzen von Handys, des Internets zum Volkssport unter der jungen Bevölkerung geworden.Das Fotografieren sollte mir die nächste positive Überraschung bringen. Anfangs holte ich die Kamera eher zögerlich heraus, aber im Laufe der Zeit hielt ich sie auf alle mir interessanten Motive. Selbst innerhalb der Moscheen war es eigentlich kein Problem zu fotografieren.Musik, ich erinnere mich wie ich vor Jahren türkische Musiktapes für ein paar junge Leute über die Grenze geschmuggelt habe und jetzt. Ich treffe oft auf junge Menschen, die selbst westliche Musik in der Öffentlichkeit hören. Ich sehe Straßenmusiker und Musikerinnen in Teheran und Isfahan. Ich tanze mit jungen Leuten in der Wüste und….
Ich schlafe meist in Hostels und dort gibt es Schlafsäle in denen beide Geschlechter nächtigen. Diese werden auch nicht nur von Touristen sondern auch von jungen Iranern genutzt.

Mein Hostel in Isfahan

Ich sehe Liebespärchen Hand in Hand durch Parks in Teheran und Shiraz laufen. Ja das Land verändert sich und wir helfen dabei, indem wir das Land bereisen.
Der Iran ist wahrscheinlich eines der sichersten Länder, die ich je bereist habe. Wenn man sich die geographische Lage auf der Karte anschaut, können sich viele Menschen dies vielleicht nicht vorstellen. Aber ich habe mich selten so sicher gefühlt. Ich denke, dass man in vielen Ecken Europas als Reisender mehr aufpassen muss. Ich hatte nie das Gefühl das man mich beklauen wird. Man kann seine Wertsachen eigentlich immer mit sich führen. Seinen Rucksack ohne Bedenken absetzen und auch mal einen Moment unbeobachtet lassen. Selbst beim Einkauf versucht man mir nie etwas aufzuschwatzen bzw. mich abzuzocken. Fast schon langweilig kann man die Einkaufstouren bezeichnen, wenn die Basare nicht so interessant wären. Es fehlen die aufdringlichen Händler mit ihren Fantasiepreisen, wie man sie sonst so oft erlebt. Ich sollte des Weiteren nie einen lautstarken Streit oder eine Schlägerei wahrnehmen. Man kann nachts allein durch die Städte laufen ohne sich unwohl zu fühlen.Man sollte nicht vergessen, dass für mich, als Gast, hier alles viel freier und leichter ist als für die Menschen die hier leben. Es gelten andere Regeln und Gesetze. Dazu war ich hauptsächlich in Touristengebieten und großen Städten unterwegs, welche weit offener freier im Denken und Handeln sind.

Fortsetzung folgt

Ruinen von Persepolis

Taubenturm