Moin.
Ich bin ja nicht der schnellste mit meinen Aktualisierungen, deshalb erst jetzt ein paar Eindrücke von meiner letzten Reise.
Das Reisen ist ja nicht nur eine Flucht vor dem Winter, sondern ich bin auch sonst viel unterwegs. Wie so oft in den letzten Jahren hat es mich im Sommer mehrere Wochen nach Rumänien verschlagen. Es sollte diesmal nicht wie so oft in die Bergwelt der Karpaten gehen. Ich glaube das war das erste Mal, dass ich im Sommer länger in Rumänien verweilte und nicht meine Freunde Oli und Henne auf ihrem Hügel besuchen sollte.
Nach ein paar Tagen wildem Nachtleben in Bukarest ging es mit Delia und Ana in Richtung Donaudelta. Wir hatten uns eine preisgünstige Zugverbindung rausgesucht und so ging es mitten in der Nacht los in Richtung Küste. Nach zwei Stunden landen wir dann in einer Stadt namens Medgidia und haben tolle drei Stunden Aufenthalt am Bahnhof. Ohne Schlaf morgens fünf Uhr an einem trostlosen Bahnhof – ein Traum. Immerhin gibt es eine Spelunke, so holen wir uns erst mal ein Bier und erkunden später die Gegend. Überraschenderweise stehen wir dann schnell am Donau-Schwarzmeer-Kanal und hier lässt es sich aushalten. Riesige Schiffe und Schubverbände verkehren hier auf dem Kanal und die aufgehende Sonne taucht alles in ein schönes Licht.
Für die Weiterfahrt nach Tulcea, dem Tor zum Donaudelta, haben wir dann eine kleine in die Jahre gekommene aber irgendwie schöne Bummelbahn. Wir halten in fast jedem Dorf und alles geht sehr langsam vor sich. Dafür bekommt man viel vom Land zu sehen. Die Dobrudscha-Region, der Südosten Rumäniens von Donau, Delta und Schwarzem Meer umgeben scheint trocken und heiß zu sein aber landschaftlich schön.
In der Hafenstadt Tulcea angekommen, bleiben wir nicht lange und nehmen ein Boot nach Sfanthu Gheorghe. Die Donau teilt sich kurz vor Tulcea in drei Arme auf dem Weg zum Meer. Wir wollen auf dem südlichen Arm, der noch der ursprünglichste, wildeste und auch älteste ist, zum Heiligen Georg. Die Fahrt dauert 4-5 Stunden aber langweilig wird uns nicht.
Unser Wasserweg ist zwar recht groß aber überall gibt es viele kleine abzweigende Kanäle, Seen, Inseln, Sandbänke, die Schilf-Landschaften und die Berge von Bestepe. Ja hier im flachen Delta gibt es Berge, zwar nur ca. 250 Meter hoch dafür sehr alt. Ein großer Gegensatz: das Delta als eines der jüngsten Gebiete Europas und diese Granitberge die zu den Ältesten der Welt zählen. Auf unserer Fahrt bekommen wir auch einen ersten Eindruck von der Vogelvielfalt hier. Ein Paradies für Ornithologen, mehr als 300 Vogelarten leben hier und unzählige Zugvögel machen hier halt.
Am späten Nachmittag erreichen wir das kleine Fischerstädtchen.
Es ist nicht weit vom Meer entfernt und hat einen sehr dörflichen Charakter. Hier gibt es keine asphaltierten Straßen alles einfach Sandwege – so ist das schön.
Ich war mit Delia vor ein paar Jahren schon einmal hier für zwei Tage aber das war uns nicht genug. So wollten wir jetzt ein paar Tage länger bleiben. Wir hatten eine private Unterkunft telefonisch reserviert und das hat funktioniert. Zum Glück hatten wir damals die Nummer unserer Gastgeber mitgenommen.
Die Locals vermieten hier zum Teil ihre kompletten Häuser und so sollte es auch bei uns sein. Da Oli, seine Kids und Noha am nächsten Tag kamen, hatten wir fast das ganze Haus für uns. Wir blieben eine Woche hier im Dorf und es war traumhaft. Das Wetter war
perfekt, die Menschen alle entspannt, das Meer nur zwei Kilometer entfernt, die Natur und die Ruhe. Es gab schon einige Touristen hier aber in diesem weitläufig
en Dorf und an dem kilometerlangem Strand fiel dies überhaupt nicht auf. Unsere Gastgeber haben uns täglich köstlich bekocht – auch aus dem Mangel an Restaurants hier. Nur Plätze zum Biertrinken gibt es genug. Wir verbrachten viel Zeit am bzw. im Meer.
Hier hatten wir viel Platz, den es so an den meisten Strandplätzen Rumäniens nicht gibt. Für Olis Kinder waren der Strand und das Wasser perfekt und wir hatten auch alle viel Spaß bei der Badeaction. Wir waren oft die verrückteren Kids.
Wir sind viel durch die Gegend gewandert, ob an der Donau oder an einem der vielen Kanäle entlang. Überall wunderschöne Natur und gefühlt sind wir die einzigen Menschen inmitten dieser Wasserwelt zwischen den unzähligen Vögeln und Pferden, Rindern und…. Das Donaudelta zählt zu den Regionen mit der größten Artenvielfalt der Welt und das bekommen wir überall zusehen. Ich habe gerade gelesen das über 4000 Tierarten hier leben.
Ein Besuch des Deltas ohne eine Bootstour durch das Wasserlabyrinth geht natürlich nicht. So haben wir uns ein Boot gemietet und es ging durch die Schilfwelt des Deltas. Viele kleine und größere Kanäle, Seen, Lagunen, schwimmende Inseln und dann wieder das Schwarze Meer und mittendrin unzählige Wasservögel.
Auf einer Sandbank konnten wir eine große Pelikankolonie beobachten und im Hintergrund rollt das offene Meer heran. Überall sahen wir die verschiedensten Reiher, Pelikane, Möwen, Kormorane, Schwäne, Enten, Eisvögel und …. Raubvögel wie Falken kreisten am Himmel und dann war wieder ein Meer aus Seerosen vor uns. Zeitweise wussten wir nicht ob wir jetzt auf einem großen See sind oder ob es schon das Meer ist und dann ging es wieder ins Schilfdickicht und es hieß Köpfe einziehen. Eine wunderschöne Bootstour um eine Idee vom riesigen Donaudelta zu bekommen.
Nach einer Woche Delta geht es zurück nach Bukarest um zwei Tage später weiter zu reisen. Wir (Delia+ ich) wollten diesmal unabhängiger unterwegs sein und haben uns ein Auto gemietet und ein Zelt eingepackt.
Da uns die Dobrudscha vom Zug aus so gut gefallen hat, sollte es eine Tour auf kleinsten Straßen der Donau entlang durch diese Region gehen. So ging es mit einem kleinen Corsa raus aus der heißen Stadt in Richtung Osten. Es war das erste Auto mit Klimaanlage, das ich je gefahren bin und dies war auch notwendig. Die Temperaturen Anfang August bewegen sich hier um die 40 Grad und nur selten schiebt sich mal ein Wölkchen vor die Sonne.
Unser erstes Ziel, einen richtigen Plan hatten wir nicht, hieß die Donau im Südosten zu überqueren und dann ihr einfach grob zu folgen. Unsere Ausrüstung zur Orientierung war alles andere als gut. Wir hatten eine schlechte Karte in meinem Reiseführer, wenn man diese überhaupt so bezeichnen kann, und natürlich kein Smartphone bzw. Navi.
Aber dafür war uns ja die Sprache und somit der Kontakt zu den Menschen gegeben.
Als wir nach ca. einer Stunde Bukarest und die Autobahn verlassen hatten, konnten wir die nächsten Tage den ländlichen Charme richtig genießen. Unsere erste Donauüberquerung war dann auch gleich ein Erlebnis. Es gab keine Brücke sondern eine kleine Autofähre, die uns an die bulgarische Grenze brachte.
Das war ein bisschen verwirrend da wir nicht wirklich wussten, wo wir jetzt sind. Auch der Flussverlauf trug dazu bei, da sich hier die Donau teilt und wir über zwei Donauarme gefahren sind. Am Ende waren wir aber doch noch in Rumänien und mitten in einem großen Weinanbaugebiet gelandet. Fast überall um uns herum waren die Hügel voller Wein und nur gelegentlich brachte ein Sonnenblumenfeld Farbe ins Spiel. Die Straßen waren überraschend meist recht gut und nur wenige kleine Dörfer kreuzten unseren Weg. Diese wirkten sehr ausgestorben, wenige Menschen begegneten uns. Dafür gab es umso mehr Tiere, ob Gänse, Enten oder Rinder, Schafe oder Ziegen. Jedes Dorf schien auch unzählige Störche zu beheimaten. Zum Glück gab es auch überall einen Dorfkonsum und ein paar Spelunken. Ich hatte als Fahrer leider das Pech, das es hier nie Radler oder alkoholfreies Bier gab – schon bei der Frage gab es komische Blicke. So saß dann Delia oft mit einem Bier da und ich mit einer Coke – ein seltsamer Anblick für die Einheimischen. Wir versuchten immer die kleinsten Straßen zu wählen durch die hügelige Dobrudscha. Das ging aber nicht immer gut, ein paar Mal landeten wir in einer Sackgasse oder es wurde zur wilden Offroad-Piste – nicht gut mit einem Corsa. Meist hatten wir aber Glück und fuhren durch eine tolle Landschaft. Es gab manchmal über Stunden keinen Verkehr auf unseren Wegen außer ein paar Pferdewagen. Die einzige Vollbremsung musste ich wegen einem Fasan machen, der keine Anstalten machte die Straße zu verlassen. Wir fuhren zwar immer in der Nähe der Donau entlang aber einen guten Schlafplatz fanden wir leider nie am Fluss. Eine Nacht bauten wir unser Zelt auf einem Hügel außerhalb eines Dorfes auf. Als wir am Morgen aufwachten, fuhren die Traktoren und Pferdewagen gefühlt durch unser Bett.
Ein konkretes Ziel hatten wir aber doch auf unserer Tour. Das war Cheile Dobrogei oder der Dobrudscha Canyon. Ich hatte davon in einem Blog gelesen bzw. Fotos gesehen. Die prähistorischen Felsformationen der Schlucht beherbergen viele Höhlen und sind ein Traum für Fossiliensammler. Da musste ich hin. Früher war alles hier mal vom Schwarzen Meer und Korallenriffen bedeckt. Diese Kalksteinfelsen ziehen sich einige Kilometer durch das eher flache Land. Optisch passen sie gar nicht in diese Gegend umso interessanter ist es. Mich erinnern diese Berge an einige Regionen in Indien aber hier? Wir klettern hier die Felsen hoch, kriechen durch die Höhlen und ich bin immer auf der Suche nach Fossilien. Leider ist unser Timing schlecht – die Mittagssonne knallt auf uns, so dass wir nach 2-3 Stunden ins nächste Dorf flüchten um kaltes Bier zu trinken.
Auf unserer Tour durch die Pampa begegnen wir immer wieder touristischen Hinweisschildern zu archäologischen Ausgrabungsstätten und versuchen unser Glück. Dann stehen wir auf einem Feld und können ein paar Löcher oder Gräben bewundern. Spannend. Nur einmal wird es wirklich interessant. Die Burgruine von Enisala ist auch schon von weitem zu sehen, da sie auf einem Hügel thront. Sie ist im 13 Jahrhundert auf den Ruinen einer alten byzantinischen Burg errichtet wurden. Vor allem der weite Blick von oben ist wunderschön. Der größte See Rumäniens liegt direkt vor unseren Füßen und die hügelige Landschaft hat ihren Reiz. Am Razim-See in Sarichioi finden wir eine Art Campingplatz. Da hat ein Einheimischer seinen kleinen Garten hinter dem Haus und direkt am See zum Campen frei gemacht. Perfekt. Sarichioi ist ein hauptsächlich von Lippowener Russen bewohnter Ort wie wir am Abend feststellen durften. Es war Wochenende und so sind wir in der „Disco“ des Dorfes gelandet und kamen schnell mit den Locals ins Gespräch. Als ich dann meine paar Wörter Russisch rausgehauen habe, war ich schnell der beste Freund der volltrunkenen Jugend. Der Name Sarichioi kommt wiederum wie viele Orte in dieser Gegend aus dem Türkischen. Ein Zeichen dafür das die Region in ihrer Geschichte die Heimat vieler Völker war, ob Griechen dann Römer und später die Osmanen und …. So haben wir uns hier die Stadt Babadag angeschaut, wahrscheinlich einer der letzten Orte, der ein wenig moslemisch geprägt ist. Hier gibt es die älteste Moschee Rumäniens und ein orientalisches Museum.
Zum Abschluss unserer Dobrudscha-Tour ging es dann in den Süden kurz vor die bulgarische Grenze. Besser gesagt nach Vama Veche am Schwarzen Meer. Das ist im Sommer der Party-Ort Rumäniens. An den Wochenenden ist gefühlt die ganze Jugend des Landes, oder die die sich dafür halten, hier und gefeiert wird überall wild. Der kleine Ort platzt aus allen Nähten, fast jedes Haus ist entweder eine Pension/Hotel oder eine Bar/Restaurant. Alle freien Flächen werden zu Camping bzw. Parkplätzen umfunktioniert. Man kann sich echt streiten über diesen Ort. Aber wer Partys mag der mag Vama Veche. Es ist wie ein Festivalbesuch nur ohne Eintritt. Wir wollten ein paar Freunde von Delia treffen, am Meer abhängen und Spaß haben. Nach langer Suche fanden wir Platz für Zelt und Auto und die Party konnte beginnen. Wie es der Zufall so wollte, sind auch mir Freunde über den Weg gelaufen. Wir hatten viel Spaß und wollten gar nicht weg. Aber leider mussten wir zurück nach Bukarest.
Delia musste ein paar Tage arbeiten und das Auto musste abgegeben werden.
Die Hitze in der Stadt war kaum auszuhalten, 40 Grad und mehr. So waren wir meist in den Parks und auf den Terrassen bei Kaltgetränken anzutreffen. Oder wir fuhren mit den Fahrrädern im Kreis.
Am Ende meiner Reise ging es dann doch wieder nach Vama Veche – es war einfach zu heiß in Bukarest. Wir wissen zwar nicht mehr viel davon, es war wohl zu wild.
Übrigens bin ich gerade wieder für 10 Tage in Rumänien. Ob nur in Bukarest oder reisend???